Wagt die SPD den Neuanfang oder bildet sie eine Koaliton mit der CDU/CSU?

Ich habe die letzten Monate viel mit SPD-Mitgliedern diskutiert. Ich habe Ihnen immer wieder gesagt, dass sie mit diesem Wahlkampf und mit diesem Führungspersonal keine Bundestagswahl gewinnen können – geglaubt hat es mir keiner, die Quittung hat die SPD an diesem Wochenende bekommen.

Sicherlich hat die SPD leichte zugewinne gemacht, aber alles andere wäre auch eine Bankrotterklärung gewesen, nachdem sie schon vor vier Jahren so wenige Stimmen holen konnte. Aber die Zugewinne sind lächerlich und Schuld daran ist die Profillosigkeit der SPD und das Personal, welches zur Wahl aufgestellt wurde. Warum sollte der Wähler der SPD glauben, dass sie tatsächlich ein sozialeres Programm umsetzen will, nachdem mit Steinbrück ein Kanzlerkandidat am Start war, der schon in der Großen Koalition lieber den Banken geholfen hat und auch in der Schröder-Regierung eine Rolle gespielt hat? Warum sollte der Wähler glauben, dass die SPD nicht wieder einen solchen Verrat an ihnen begeht, wie sie es in den Jahren zwischen 1998-2005 getan hat, als die SPD eine Politik betrieben hat, von der man in der CDU/CSU nur träumen konnte? Die Hartz4-Gesetzgebung hätte ein Helmut Kohl niemals durchsetzen können, die SPD machte dies und genau hier hätte die Führung der SPD ansetzen müssen.

Aber die SPD hat das nicht gemacht, sie hat ihr Führungspersonal nicht ausgetauscht und sie hat sich auch nicht von ihrer Agenda-Politik verabschiedet. Im Gegenteil, sie haben noch im Wahljahr ihre Agenda-Politik gelobt, dabei aber vergessen, dass sie damit höchstens konservative Wähler hätten anlocken können – die haben aber ihre CDU/CSU und brauchen die SPD nicht.

Allerdings ist es nicht nur das Führungspersonal, welches zu dieser Niederlage führte, sondern auch die Oppositionsarbeit der SPD in den letzten vier Jahren. Die war nämlich nicht vorhanden! Zwar meckerten die Politiker öfter mal über die Gesetzesvorhaben der Union, stimmten aber dann doch zu, wenn es mit einer Kanzlermehrheit eng wurde. Wieso sollte der Wähler also glauben, dass die SPD für eine andere Politik steht? Es gab keinen Grund dafür, denn die SPD war eigentlich eine Regierungspartei, die nur keinen Koalitionsvertrag unterschrieben hat.

Mit vernünftiger Oppositionsarbeit hätte sich die SPD ein Profil aufbauen können, mit dem sie eventuell auch mit Peer eine Chance gehabt hätte, diese Wahl zu gewinnen. Dieses Profil hat die SPD aber nicht aufgebaut, sie hat keine Oppositionsarbeit geleistet und das ist dem Wähler auch nicht verborgen geblieben. Nun ist die SPD in einer Situation, in der sie entweder viel gewinnen kann, oder in der sie viel verliert.

Gewinnen könnte die SPD, wenn sie sich jetzt klar gegen eine Koalition mit der CDU/CSU entscheidet und sie die Rolle der Opposition ernst nimmt. Das bedeutet auch, dass sie ihre Positionen im Bundestag vertritt, und die SPD der Kanzlerin nicht zu Mehrheiten verhilft, obwohl das Konzept der SPD ein anderes ist. Nur so kann die SPD sich wieder ein Profil aufbauen und nur so kann sie sich wieder von der CDU/CSU abgrenzen, um dadurch wieder Wähler von sich zu überzeugen.

Geht die SPD aber eine Koalition mit der CDU/CSU ein, so kann sie nur verlieren. An der Politik der letzten Jahre würde das nicht viel ändern, denn bei den wichtigen Gesetzen hatte die SPD ja auch in den letzten Jahren schon zugestimmt. Nur hätte die SPD in einer solchen Koalition auch nicht die Möglichkeit, sich von der CDU/CSU abzugrenzen – sie könnte sich also auch in den nächsten vier Jahren kein neues Profil aufbauen und somit könnte sie auch keine Wähler zurückgewinnen, welche die SPD in den letzten 8 Jahren verloren hat.

Die SPD steht jetzt also vor der Entscheidung, ob sie einen wirklichen Neuanfang wagen soll, oder ob sie sich lieber in einer Regierung mit der CDU/CSU weiter verheizen lässt.

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