Zwischen Eigentum und Gemeinwohl abwägen …
Wenn Herbert Reul, Innenminister in NRW und CDU-Mitglied, sagt: “Diese selbst ernannten Umweltschützer wollen nicht Bäume retten, sondern den Staat abschaffen“, hat er vieles noch nicht verstanden. Er hat zum Beispiel nicht verstanden, dass sich der Staat seine eigenen Grundlagen zerstört, wenn er die Lebensbedingungen der Menschen nicht beschützt. Er versteht auch nicht, dass er die Demokratie gefährdet, solange er die Profite der Unternehmen höher bewertet, als die Grund- und Menschenrechte, wenn er Eigentumsrechte vor das Gemeinwohl stellt.
Herr Reul diskreditiert und kriminalisiert Menschen, die für eine bessere Welt kämpfen, oder zumindest verhindern wollen, dass noch mehr Raubbau an der Natur stattfindet. Menschen, die zumeist einen friedlichen Weg des Protests wählen und auf zivilen Ungehorsam setzen, weil es in unserer Demokratie ansonsten kaum Wege gibt, um gegen die finanzstarken Lobbygruppen des Kapitals etwas auszurichten. Genau dieses Verhalten von Herrn Reul schadet der Demokratie und schädigt somit auch die Grundlagen des Staates. Er sät Misstrauen und produziert dadurch Ablehnung und Spaltung.
Es ist dabei auch egal, wer irgendwann einmal etwas an irgendwen verkauft hat. In einer Demokratie sollte es jederzeit möglich sein, politische Entscheidungen zu überdenken und notfalls auch rückgängig zu machen. Natürlich produziert das auch ein Stück weit Planungsunsicherheit, aber warum sollte es Unternehmen hier anders gehen, als den Menschen, die für diese Unternehmen arbeiten? Eine Demokratie muss zwischen Eigentum und Gemeinwohl abwägen dürfen, muss am Ende auch Entscheidungen gegen das Eigentum von Unternehmen fällen können, wenn es für das Gemeinwohl die größere Chance bietet. Nur dazu braucht es eben auch den Druck von der Straße, die Artikulation von Unzufriedenheit, um eine solche Entscheidungsfindung in Gang zu setzen.
Wenn ein Unternehmen nicht flexibel genug ist, sich von Praktiken zu verabschieden, die die Umwelt zu stark belasten, dann kann hier auch einmal die Politik der Antreiber für einen schnellen Kurzwechsel des Unternehmens sein. Wenn ein Unternehmen lieber darauf setzt, möglichst viele Profite durch die Zerstörung der Natur zu erzielen, dann ist es die Politik, die das Unternehmen dazu drängen kann, lieber in Innovationen und damit in die Zukunft zu investieren. Und dazu zählt dann notfalls eben auch – wie oben schon erwähnt – die Eigentumsfrage zu stellen und sich nicht dahinter zu verstecken.