Was fehlt, ist die Perspektive!
Nach tagelanger Belagerung eines Berliner Kiezes durch die Polizei, kam es am Mittwoch, dem 02.07.2014, zwischen den Flüchtlingen und dem Bezirksamt zu einer Einigung. Die Flüchtlinge dürfen weiterhin in der besetzten Schule leben, wobei sie nur einen Teil der Fläche nutzen dürfen, damit der Rest renoviert werden kann. Sie bekommen neue Hausausweise, damit sie die Schule jederzeit verlassen und betreten können und das Gebäude wird von einem Sicherheitsdienst bewacht, damit nicht wieder neue Hilfesuchende in die alte Schule einziehen.
Damit hat die Belagerung eines Kiezes durch die Polizei ein Ende, die Anwohner können sich wieder frei bewegen, und die Räumung der Schule ist erst einmal abgewendet, was aber fehlt, ist die Perspektive für die Flüchtlinge. Sie dürfen zwar weiterhin in der Schule leben, aber ein Bleiberecht ist das noch lange nicht. Die Gefahr der Abschiebung besteht weiterhin, was für die Menschen in der Schule bedeutet, dass sie weiterhin in Unsicherheit leben müssen. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass sie abgeschoben werden – abgeschoben in noch schlechtere, in noch unmenschlichere Verhältnisse. Das ist kein Erfolg, ein Teilsieg vielleicht, aber kein Erfolg für die Menschen.
Und es geht um Menschen, dass vergessen viele viel zu oft. Es sind keine Kriminellen, nur weil sie Frieden und Freiheit suchen. Es sind keine Erpresser, nur weil sie androhen von einem Schuldach zu springen, weil es für diese Menschen eben dasselbe ist wie Abschiebung. Es sind Menschen, die ein gutes Leben führen wollen, so wie wir alle ein gutes Leben führen wollen. Und sie verlangen gar nicht viel, nur das Bleiberecht, das Recht sich frei bewegen zu dürfen und natürlich das Recht auch arbeiten zu dürfen. Was ist daran verwerflich? Was ist daran falsch?
Wer jetzt mit unserem Asylgesetz kommt, – einem Gesetz, welches nach der Wende brutal verstümmelt wurde und deswegen auch gar kein Asylgesetz mehr ist – der hat die Lage immer noch nicht verstanden. Der hat immer noch nicht verstanden, dass wir Glück hatten, in der westlichen Welt geboren zu werden. Wir haben das Glück in der Gesellschaft zu leben, die durch Ausbeutung zu großem Wohlstand gekommen ist. Das ist kein Verdienst von uns, das ist einfach nur Glück! Und es ist keinesfalls egoistisch von den „Anderen“, wenn sie auch etwas von diesem Glück abhaben wollen.
Unser Reichtum basiert auf Rohstoffen aus Afrika, die wir dort über Jahrzehnte geplündert haben, und die wir auch weiterhin plündern, weil der Westen das Geld und die Macht hat, die afrikanischen Märkte weiterhin auszuplündern. Zusätzlich bringen wir mit unseren Waffen Krieg und Gewalt in diese Länder und vermehren auch damit unseren Reichtum und unseren Wohlstand.
Aber ich habe das schon oft geschrieben und ich weiß natürlich, dass viele das anders sehen. Viele wollen die Ausbeutung nicht sehen, viele meinen, dass wir uns unseren Wohlstand hart erarbeitet haben und das wir diesen Menschen deswegen überhaupt nichts schuldig sind. Dabei möchte ich gar nicht bestreiten, dass auch viele Europäer ausgebeutet wurden und werden, ich möchte gar nicht behaupten, dass deutsche Arbeiter nicht schwer gearbeitet haben, um sich ihr Leben finanzieren zu können, aber das ändert doch nichts daran, dass der Wohlstand Europas auf der Ausbeutung von anderen – wie zum Beispiel Afrika – aufbaut.
Menschlichkeit ist es, was diese Menschen wollen. Sie wollen auch eine Zukunft. Sie hätten diese Zukunft, diese Perspektive gerne in ihrem Land gehabt, aber dort ist sie derzeit nicht möglich. Es gibt dort keine Zukunft, selbst dann nicht, wenn sie dort noch härter Arbeiten. Die Zukunft und Perspektive für Afrika – und für viele andere Länder – kann nur hier entstehen, in Europa, durch Solidarität, durch eine Veränderung des Systems und durch Menschlichkeit.