Hartz4: Null-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose in Hamburg
In Deutschland gibt es viele Langzeitarbeitslose, die, unter den heutigen Bedingungen, kaum noch eine Chance haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies ist meist nicht die Schuld der Langzeitarbeitslosen, aber dennoch werden sie deswegen wie Menschen zweiter Klasse behandelt, die durch Hartz4 erzogen werden sollen. Als Erziehungsmaßnahmen stehen dem Jobcentern Sanktionen zur Verfügung, die sogar eine 100-prozentige Kürzung der Mittel vorsehen. In Hamburg möchte die Regierung jetzt noch weiter gehen, indem sie 500 Null-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose einführen möchte. Jobs also, für die die Betroffenen keine weitere Aufwandsentschädigung erhalten. Die Betroffenen können sich nicht einmal weigern einen solchen Job anzunehmen, denn dann droht die Sanktionierung der Bezüge.
Tim Golke, Mitglied der Linkspartei Hamburg, hat sich die Zeit genommen, um uns ein paar Fragen zu den geplanten Null-Euro-Jobs zu beantworten.
Was muss man sich unter einem Null-Euro-Job vorstellen?
Nach Auffassung des Hamburger Senats und des Sozialsenators Scheele ist die Beschreibung als 0 Euro Job nicht zutreffend, weil es sich dabei um eine geplante Maßnahme und nicht um eine Beschäftigung i.S. eines 1-Euro-Jobs handelt. Mir fällt dazu nur „Raider heißt jetzt Twix“ ein. Inhaltlich sollen diese Jobs produktionsorientiert sein, z.B. bei sozialen Stadtteilcafes oder Suppenküchen.
Auf welcher rechtlichen Grundlage basieren dieser Jobs?
Die Null Euro Jobs basieren auf den §§ 45 SGB III, 16 SGB II
Wie sollen diese Jobs Langzeitarbeitslosen dabei helfen, wieder auf dem
Arbeitsmarkt Fuß zu fassen?
Das ist auch mir ein Rätsel. Bei einem ähnlichen Projekt 2010/2011 in Köln – Wege in Arbeit WiA – ist meines Erachtens nach die Quote der nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt vermittelten Menschen so gering das die Aussage niemand hat eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden richtig ist.
Was versprechen sich die Verantwortlichen in Hamburg davon?
Die Beschäftigung von 1-Euro-Jobbern in Stadtteiltreffs und Suppenküchen ist problematisch, denn diese Tätigkeiten sind nicht zusätzlich. Zwar hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa) einzelnen Einrichtungen in Hamburg bescheinigt, dass durch diese keine Marktverzerrungen entstehen würden, aber das reicht nicht aus, um das Kriterium der Zusätzlichkeit zu erfüllen.
Auch aus diesem Grund sind in Hamburg im letzten Jahr viele 1-Euro-Jobs weggefallen. Die entsprechenden Stellen wurden aber dennoch, z.B. mit sogenannten Minijobs, weitergeführt.
Werden damit nicht weitere Grundrechte von Langzeitarbeitslosen
eingeschränkt?
Durch den Sanktionsparagraphen § 31 SGB II sind das Recht auf freie Berufswahl und das Existenzminimum ohnehin schon bis an die Grenze der Verfassungswidrigkeit belastet. Letztlich sind aber solche 0-Euro-Jobs ein weiterer Baustein in der menschenverachtenden Ideologie von Hartz IV.
Gehen durch diese Jobs nicht wieder reguläre Stellen auf dem ersten
Arbeitsmarkt verloren?
Davon gehe ich nicht aus. Wie oben beschrieben, sollen die 500 0-Euro-Jobber_innen vor allem in sozialen Stadtteiltreffs eingesetzt werden. Diese sind häufig in Gebieten, die ohnehin nur keine oder nur geringe reguläre gastronomische Angebote haben.
In den Dimensionen eines wirklichen sozialen Arbeitsmarktes wird hier durch den SPD-Senat und Senator Scheele aber die Chance vergeben tariflich abgesicherte Arbeitsplätze für benachteiligte arbeitslose Menschen zu schaffen.
Was hält die Linke in Hamburg von diesen Null-Euro-Jobs? Sind Aktionen
geplant, um die Öffentlichkeit über diese Null-Euro-Jobs aufzuklären?
Die Linke in Hamburg lehnt solche 0-Euro-Jobs entschieden ab. Die LAG Arbeit und Armut wird in den nächsten Tagen mit mir zusammen planen, welche Aktionen wir gegen diese Planungen der BASFI angehen wollen.
Dient Hamburg als Testzone für Null-Euro-Jobs, um dessen Ausbreitung auf
das gesamte Bundesgebiet vorzubereiten?
Das steht zu befürchten. Der Eingliederungstitel (Bundesmittel, aus denen z.B. die 1-Euro-Jobs bezahlt werden) steht immer weiter unter Kürzungsdruck. Bei 0-Euro Jobs spart man sich also die Mehraufwandsentschädigung.
Kein Wunder, daß niemand (Langzeit-)Erwerbslose richtig einstellen will – wenn man sie auch für Null Euro kriegt. Da käme man sich ja blöd vor.
Solche Maßnahmen zeigen der Welt, daß Erwerbslose nichts wert sind, und daß es demzufolge für Unternehmen ein Fehler wäre, welche einzustellen.
Diese Logik kann man ja wundervoll auch beim Mindestlohn beobachten. Langzeitarbeitslose dürfen erst mal 6 Monate für weniger arbeiten. Das ist auch automatisch eine Entwertung der geleisteten Arbeit. Genauso ist das mit diesen Jobs, die Arbeit, die Langzeitarbeitslose dort leisten, wird entwertet.
Ja, ist denn diesen Politikern jedes Schamgefühl abhanden gekommen?
Pfui Teufel!!!