Mehr Geld für Parlamente oder mehr Partizipation für die Bürger?
Im Artikel „Mehr Euros in die Parlamente!“ auf sagwas.net jammert der Autor, dass den Abgeordneten zu wenig Geld zur Verfügung steht, um vernünftige Politik zu machen. Er jammert auch über die fehlende Zeit, die ein solcher Berufspolitiker hat. Aber ist die Lösung hierfür wirklich mehr Geld?
In einem älteren Artikel auf sagwas.net geht es um Mitbestimmung und Mitgestaltung. Er möchte den Menschen auffordern, den Staat mitzugestalten und nicht nur träge auf der Couch zu sitzen. Leider besteht in unserer repräsentativen Demokratie das Problem, dass die Politiker entscheiden, wie, wann und wo der Bürger in seinem Staat mitgestalten darf. In vielen Fällen wird dem Bürger die Mitbestimmung untersagt, obwohl er keine mithelfen würde. In anderen Fällen wird die Mitbestimmung erschwert, wie der letzte Volksentscheid in Berlin gezeigt hat. In beiden Fällen sind es die Politiker, die ihre Macht ausüben und die verhindern wollen, dass die Bürger zu viel am Staat mitgestalten.
Betrachtet man beide Themen nur oberflächlich, werden einem keine Zusammenhänge auffallen. Aber die Zusammenhänge sind vorhanden, denn dadurch, dass die meisten Politiker von ihrer Macht nichts abgeben wollen, ergibt sich natürlich diese Konzentration von Arbeit auf eben diesen Politiker. Würde er seine Macht teilen, würde er die Bürger mit in die Verantwortung nehmen und das Expertenwissen nutzen, welches im Volk vorhanden ist, könnte er sich eine Menge Zeit sparen. Und er könnte damit rechnen, dass die Gesetze eine höhere Anerkennung in der Bevölkerung bekommen.
Mehr Partizipation bedeutet nicht, dass über jedes Gesetz per Volksentscheid abgestimmt werden muss, aber es bedeutet, dass jeder Bürger die Chance hat, an einem Gesetz mitzuarbeiten. Möglichkeiten dafür bietet das Internet inzwischen viele und das Argument, dass nicht jeder über das nötige Expertenwissen verfügt, ist auch kein Argument. Denn ein solches Partizipationsangebot ist immer nur ein Angebot – es besteht keine Partizipationspflicht. Es muss also nicht jeder Bürger zu jedem Gesetzentwurf seine Meinung sagen, aber er hätte die Möglichkeit dazu und das würde schon das Interesse an Politik steigern.
Natürlich funktioniert das nur, wenn die Ergebnisse dann auch umgesetzt werden. Alles andere würde sehr schnell dazu führen, dass das Interesse sehr schnell wieder verloren geht und dadurch hätte die Demokratie nicht gewonnen.
Politiker brauchen erst einmal nicht mehr Geld. Sie müssen lernen ihre Macht zu teilen, müssen lernen, das Potential zu nutzen, welches in der Bevölkerung brachliegt und sie müssen verstehen, dass man nicht nur das Kapital zu neuen Gesetzen befragen darf, dass, im Extremfall, das Kapital nicht die Gesetze schreiben darf. Er muss lernen, dass das Internet nicht böse ist, sondern dass es die Möglichkeit bietet, die Bevölkerung mit ins Boot zu holen, wenn es um neue Gesetze geht.
Das Internet kann dazu genutzt werden, das Expertenwissen der Bevölkerung in die Gesetze einzubringen und viele Experten würden ihr Wissen wahrscheinlich gerne zur Verfügung stellen. Gesetze könnten dadurch ausgewogener werden. Es könnte von Anfang an darauf geachtet werden, dass keine Ungerechtigkeiten entstehen und natürlich können sehr viel mehr Argumente für oder gegen das Gesetz generiert werden. Auch das führt am Ende dazu, dass das Gesetz besser wird und es führt dazu, dass der Politiker eine sehr viel stabilere Entscheidungsgrundlage hat – denn entscheiden muss er am Ende immer noch selbst.