Das verfallende Haus – ein Symbol für unser System
Es gibt da in meiner Gegend so ein Haus. Dieses Haus zerfällt seit Jahren, schon seit meiner Schulzeit schaue ich diesem Haus beim Zerfall zu. Eigentlich könnte es ein schöner Altbau sein, wenn er denn saniert werden würde. Aber das wird er nicht! Warum das nicht der Fall ist, weiß ich nicht, aber es ärgert mich.
Es gibt so viele Menschen in Berlin, die auf der Suche nach Wohnraum sind, Obdachlose, die unter Brücken schlafen müssen, weil sie sich irgendwann die Mietpreise nicht mehr leisten konnten, und dann steht dort so ein Altbau, der schon seit über 15 Jahren zerfällt. In seinem jetzigen Zustand kann er unmöglich als Wohnraum genutzt werden, das ist mir schon klar, aber hätte es denn soweit kommen müssen? Im Gesetz steht, das Eigentum verpflichtet. Die Verpflichtung wäre für mich, dass der Wohnraum erhalten wird, aber das hat der Eigentümer nicht gemacht. Es kann ja sein, dass er finanzielle Probleme hatte und das er deswegen das Haus nicht hat sanieren können, aber in einen solchen Fall sollte – meiner Meinung nach – der Senat einspringen und das Haus sanieren. Alternativ hätte der Eigentümer das Haus auch an alternative Wohnprojekte vergeben können, die im Gegenzug das Haus saniert hätten.
All das ist leider nicht passiert, weswegen das Haus jetzt so dasteht und langsam aber sicher zerfällt. Ich habe keine Ahnung, ob man diesen Altbau jetzt noch erhalten kann, aber ich ärgere mich darüber, dass hier nicht eingegriffen wurde. Sicher muss eine solche Sanierung bezahlt werden, und mir ist natürlich auch bewusst, dass gerade in Berlin kaum Geld für so etwas zur Verfügung steht, aber muss ein Haus wirklich absichtlich verfallen, nur weil keiner die Verantwortung dafür übernehmen will? Wenn der Eigentümer sich nicht kümmert, gehört er enteignet. Ich weiß, da werden jetzt viele an die Decke springen, weil Eigentum und Enteignung nicht wirklich zusammenpassen.
Aber Wohnraum ist etwas, was die Gesellschaft braucht, womit keine Profite erwirtschaftet werden sollten und was natürlich gepflegt werden muss, damit dieser Wohnraum der Gesellschaft auch zur Nutzung zur Verfügung steht. Da der Verzicht auf Profit und der Kapitalismus nicht wirklich zusammenpassen, ist die Bereitstellung von Wohnraum für mich eine Aufgabe, die entweder der Staat übernehmen muss, oder die durch genossenschaftliche Zusammenschlüsse realisiert wird. Der Verzicht auf Profit bedeutet übrigens nicht, dass das Ganze im Verlustbereich ablaufen soll, sondern nur, dass der Profit nicht an erster Stelle steht. Das schließt natürlich nicht aus, dass sich ein privater Investor, oder eine private Genossenschaft irgendwo Luxuswohnraum schafft, solange das gesellschaftsverträglich ist und keine Anwohner verdrängt.
Für mich steht dieses Haus als Symbol für unser System. Auf der einen Seite ist das Streben nach immer mehr Profit, und nur wenn dieser auch erzielt werden kann, wird auch etwas gemacht, und auf der anderen Seite sind die, die genau das brauchen, was keinen Profit bringt, und die deswegen im Regen stehen, obwohl es eigentlich umgesetzt werden könnte. Nicht der gesellschaftliche Nutzen steht in unserem System im Mittelpunkt, also der Nutzen für den Menschen, sondern der Profit einiger weniger.