Freitags-Frage-Runde: 15 Fragen an Erik Gührs – SPD Berlin-Lichtenberg
Diese Woche hat sich Erik Gührs, Direktkandidat der SPD Berlin-Lichtenberg für den Bundestag, der Freitag-Frage-Runde gestellt. Ich habe ihm 15 Fragen gegeben, die er folgendermaßen beantwortet hat:
1. Hallo Erik, stell dich doch erst mal schnell den Bloglesern vor.
Mein Name ist Erik Gührs. Ich bin 31 Jahre alt und in der Hohenschönhausener Platte groß geworden. Mein Abitur habe ich am Oranke-Gymnasium absolviert und habe anschließend Biophysik an der HU studiert. Im März habe ich meine Doktorarbeit im Fach Physik an der TU Berlin abgeschlossen und arbeite dort derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter.
2. Warum bist du in die Politik gegangen?
Weil ich die Welt retten will! Das meine ich durchaus ernst. Der Antrieb mich politisch zu engagieren, ist es, etwas zum Besseren zu bewegen. Politik ist leider manchmal kleinteilig und langwierig. Man braucht daher einen langen Atem und muss ständig dicke Bretter bohren, um etwas zu erreichen. Aber man darf sich nicht entmutigen lassen.
3. Warum hast du dich für die SPD entschieden?
Ich bin mit 18 Jahren im Jahr 2000 in die SPD eingetreten. Damals habe ich mir die Parteiprogramme von SPD, PDS und Grünen durchgelesen und mich für die Sozis entschieden. Der Anspruch, dass jeder sich verwirklichen kann, egal wie viel Geld im Portemonnaie ist, egal, aus welchem Elternhaus man kommt, egal welche Hautfarbe man hat und dass dafür Bildung der Schlüssel ist, entspricht meiner inneren Überzeugung. Dem war vorausgegangen, dass ich als Schülerzeitungsredakteur auf dem Bundesparteitag der SPD 1999 teilnahm. Uns wurde gesagt, wir können gerne mal einen Delegierten für ein Interview ansprechen. Damals habe ich mir gedacht, was interessiert denn meine Schule, was der Delegierte aus Buxtehude so sagt, und ich habe die damaligen SPD-Minister angesprochen. Ich habe ein Interview mit Rudolf Scharping, Wolfgang Thierse, Heidemarie Wieczorek-Zeul und Regine Hildebrandt bekommen. Politiker waren für mich immer ganz weit weg und ich fand es beeindruckend, dass sie mit einem kleinen Schülerzeitungsredakteur gesprochen haben. Das fand ich sehr menschlich.
4. Was hast du in deinem Leben noch für politische Ziele?
Ich kämpfe schon seit Langem für die Kinder und Jugendlichen in diesem Bezirk. Es geht darum, dass jeder junge Mensch die Chancen bekommt, das im Leben zu erreichen, was er möchte. Egal wo es mich politisch hinverschlägt, ich werde mich weiter für die Belange junger Menschen einsetzen. Irgendwann möchte ich einmal zurückblicken und sagen, dass sich dieser Kampf gelohnt hat und dass ich etwas Bleibendes hinterlassen habe.
5. Wer ist dein politisches Vorbild?
Ich habe keine Person als politisches Vorbild, sondern Taten. Für mich sind das der Kniefall Willy Brandts im ehemaligen Warschauer Ghetto und die letzte freie Rede im Reichtstag von Otto Wels, bevor die Nazis die Macht an sich rissen. Wenn man zur richtigen Zeit, das Richtige tut, dann ist das vorbildlich.
6. Was ist aktuell das wichtigste politische Problem, welches geändert werden muss?
Die Frage ist nicht ohne Weiteres zu beantworten. Fragt man eine Friseurin, dann ist das die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes. Fragt man eine junge Familie, ist es die Kinderbetreuung. Fragt man einen jungen Griechen, dann ist es die Jugendarbeitslosigkeit. Fragt man eine afghanische Familie, dann ist es endlich Frieden und Sicherheit. Letztendlich ist die Wichtigkeit von Problemen immer eine Frage der Perspektive.
7. Chancengleichheit ist….?
Chancengleichheit ist etwas, für das man immer wieder kämpfen muss und die Antwort auf Chancengleichheit muss immer wieder neu gefunden werden. Während es vor 100 Jahren u.a. um grundlegende demokratische Rechte ging, ringen wir heute mit dem Zugang zu Bildung und der Durchlässigkeit von sozialen Schichten. Das politische Ziel der Chancengleichheit ist ursozialdemokratisch. Es soll jedem und jeder ermöglichen, das zu tun, wofür man Lust hat. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit das auch möglich ist. Zum Beispiel mit guter Bildung für alle.
8. Armut ist…?
Armut ist leider eng mit Chancengleichheit verbunden. Wer aus einer armen Familie kommt, hat viel weniger Chancen zu studieren. Die Wahrscheinlichkeit ist viel größer Selbst arm zu sein, wenn auch die Eltern arm sind. Die Schere zwischen Arm und Reich ist in den letzten Jahren leider immer größer geworden. Ein kleiner Teil der Bevölkerung verfügt über ein Großteil der Vermögen und gleichzeitig schönt die Bundesregierung den Armutsbericht. Und da stand ein Teil der Antworten auf dieses Problem drin: Vermögenssteuer und Anhebung des Spitzensteuersatzes. Diese wurden leider rausgestrichen.
9. Stichwort Energiewende: Was wird die SPD tun, damit sich auch einkommensschwache Familien weiterhin Strom leisten können? Wird es einen Sozialtarif geben, der von der EEG-Umlage befreit ist?
Ich halte es für ein Märchen, dass die EEG-Umlage allein daran schuld ist, dass die Energiepreise steigen. Fakt ist, dass sowohl der Ölpreis, als auch der Gaspreis, stark angestiegen ist. Davon redet keiner. Auch wird der vermeintlich günstige Atomstrom durch die Steuerzahler subventioniert. Mir ist wichtig, dass bspw. die energetische Modernisierung nicht einseitig auf die Mieter abgewälzt werden kann. Hierfür ist es nötig, die Modernisierungsumlage auf 9 % zu begrenzen und eindeutig zu definieren, was überhaupt eine energetische Modernisierung ist. Ziel muss es sein, dass die Einsparungen der Nebenkosten höher sind, als der Anstieg der Kaltmiete.
10. Stichwort Überwachung: Wird die SPD den Überwachungsstaat wieder zurückbauen? (Bestandsdatenauskunft)
Wenn es nach mir geht, ja. Menschen dürfen nicht unter Generalverdacht genommen werden und der Staat muss seinen Bürgern vertrauen. Schließlich gilt die Unschuldsvermutung. Erfahrungsgemäß werden aber einmal erlassene Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr zurückgenommen, egal von welcher Regierung.
11. Stichwort Bildungspolitik: Wie will die SPD die Chancengleichheit in der Bildung erreichen?
Bildung muss von Anfang bis Ende, von der Kita bis zum Studium kostenfrei sein. Darüber hinaus will die SPD, dass jeder einen Anspruch auf einen Kitaplatz und einen Ganztagsschulplatz hat. Aber das ist nur die halbe Miete. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass ein und dieselbe Schule, und ein und dieselbe Kita, von Kindern besucht wird, die aus allen sozialen Schichten kommen. Nur so können wir sicherstellen, dass Bildungsbarrieren überwunden werden. Das ist leider einfacher gesagt als getan. Da brauchen wir noch einen langen Atem.
12. Wie schafft es die SPD aus dem Umfragetief raus? (22 Prozent in einer Umfrage der letzten Woche)
Die SPD muss wieder als glaubwürdige Kraft für die sozialen Probleme der Menschen wahrgenommen werden. Hier haben wir in der Vergangenheit manches Porzellan zerschlagen. Wenn wir die Sorge und Nöte der Menschen ernst nehmen und Antworten auf ihre Probleme finden, dann werden wir es auch schaffen, diese Bundestagswahl zu gewinnen.
13. Warum Peer Steinbrück wählen?
Weil Peer Steinbrück einer der wenigen Politiker ist, der die Finanzkrise in seiner Tiefe verstanden hat und die richtigen Schlüsse zieht. Es mag sein, dass die Rettung von Banken alternativlos ist, aber wir müssen jetzt dafür Sorge tragen, dass es in zwanzig Jahren keine systemrelevanten Banken mehr gibt und wir andere Optionen haben. Peer Steinbrück hat hierfür Antworten.
14. Warum nicht Angela Merkel wählen?
Wollen wir wirklich eine Kanzlerin, die aalglatt ist, ohne Ecken und Kanten? Was hat diese Kanzlerin mit ihrer CDU für Wendungen hingelegt: Abschaffung der Wehrpflicht, Lohnuntergrenzen (Original ist natürlich der SPD-Mindestlohn), Abschaffung der Hauptschule. So macht man doch keine glaubwürdige Politik – am Ende wächst hierdurch nur die Politikverdrossenheit, weil die Menschen irgendwann merken, dass sie nicht ernst genommen werden.
15. Das schönste an unserem Wahlprogramm ist…?
Dass es wirkliche inhaltliche Akzente setzt: Mindestlohn, Mietenbremse, gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Bändigung der Banken. Ich muss mich als Kandidat der für den Deutschen Bundestag nicht verbiegen und kann voller Inbrunst dieses Programm vertreten. Es ist eine echte Alternative zur aktuellen Regierungspolitik.
Frage 10 (Wird die SPD den Überwachungsstaat wieder zurückbauen? (Bestandsdatenauskunft)) ist doch etwas zynisch. Hat doch erst kürzlich die SPD im Bundestag und im Bundesrat ( http://bestandsdatenauskunft.de/?p=280 ) erst dafür gesorgt, dass es die Bestandsdatenauskunft so überhaupt erst gibt.
Dem Fraktionszwang wird sich im Zweifel auch ein Hr. Gührs nicht beugen.
Danke für die Aufmerksamkeit.