Kontokündigung wegen der politischen Gesinnung
Vor Kurzem las ich irgendwo einen Artikel, indem es um einen rechten Verlag ging, dem von seiner Bank das Konto gekündigt wurde. Es ging dabei nicht darum, dass das Konto in den Miesen war, sondern es ging um die Gesinnung, also um die Meinung. Diese Kündigung wurde auch von einem Gericht bestätigt, weil sich eine Bank ja aussuchen könne, mit wem sie eine Geschäftsverbindung eingeht.
Ich wollte damals schon einen Artikel darüber schreiben. Nicht, weil mir der Verlag irgendwie leidtut, ich kann mit rechtem Gedankengut überhaupt nichts anfangen, sondern weil ich das generell als ein Problem empfinde, wenn jemanden das Konto gekündigt werden kann, weil er eine bestimmte Meinung hat. Irgendwie ist dieser Artikel untergegangen, aber heute wurde ich wieder daran erinnert, und gleichzeitig wurde ich in meinen Bedenken bestätigt.
Heute schrieb die „Junge Welt“, dass einer Kundin der Commerzbank das Konto gekündigt wurde, weil sie ihrem Sohn eine Kontovollmacht erteilt hatte, und sie diese nicht zurück ziehen wollte. Jetzt fragt man sich natürlich, warum kündigt die Commerzbank ein Konto wegen einer Kontovollmacht? Nun, der Sohn der Kundin ist als Linksextremist bekannt und wurde als solcher auch schon einmal im bayrischen Verfassungsbericht erwähnt. Und genau deswegen kündigte die Commerzbank das Konto.
Auch hier wird klar, dass die Kundin sich nichts zuschulden kommen lassen hat. Sie wurde für die Meinung ihres Sohnes in Sippenhaft genommen – wobei hier schon zwei Dinge sind, die meiner Meinung nach überhaupt nicht gehen.
Zum einen ist da die Sippenhaft, die es in Deutschland nicht gibt, was meiner Meinung nach auch richtig ist. Und zum anderen ist da der Grund der Kündigung, nämlich die linksextremistische Gesinnung des Sohnes, die in einer Geschäftsbeziehung mit einer Bank eigentlich uninteressant sein sollte. Die Meinungsfreiheit ist im Grundgesetz verankert und deswegen kann es nicht sein, dass jemanden wegen der eigenen Meinung, oder der Meinung eines Angehörigen, das Konto gekündigt wird. Gerade in unserer Zeit, in der ein Konto einfach Lebensgrundlage ist, darf es so etwas nicht geben.
Durch diese Praktiken wird ein weiteres Hemmnis aufgebaut, die eigene Meinung kundzutun. Niemand weiß, ab wann die Meinung nicht mehr konform mit der eigenen Bank ist und niemand weiß, wann die Bank dann zum Mittel der Kündigung greift. Das ist eindeutig eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, und es ist ein Einschüchterungsversuch, der anscheinend auch vom Staat so gewollt ist. Denn die Vermutung liegt nahe, dass der bayrische Verfassungsschutz hier seine Hände mit im Spiel hatte.
Natürlich hat die Betroffene nun die Möglichkeit sich eine andere Bank zu suchen, und mit Sicherheit wird sie auch ein neues Geldinstitut finden, aber eine solche Entwicklung sollte von Anfang an kritisch begleitet werden, denn was klein anfängt, kann irgendwann einmal groß enden. Mögen es jetzt noch Einzelfälle sein, so kann es in 10 Jahren schon zur Normalität gehören – und im schlimmsten Fall kann es sogar soweit kommen, dass sich die Banken untereinander absprechen und einem Kunden, der wegen seiner Gesinnung gekündigt wurde, auch bei einer anderen Bank kein Konto mehr gewährt wird.
Die Meinungsfreiheit ist eines unserer höchsten Güter, obwohl (oder gerade weil) sie auch diejenigen unterstützt, die sie loswerden wollen und das z.T. in den 1940ern schon mal geschafft hatten. Wenn sich jemand verfassungsfeindlich verhält, verstehe ich es schon, wenn Unternehmen mit ihm keine Geschäfte machen wollen (bei den Banken war es wohl eher Angst vor schlechter Presse als Demokratiebewusstsein). Das Problem dabei ist die Grenze: Was ist noch tolerabel und wo ist die Kündigung verständlich?
Okay, denken wir das einen Schritt weiter. Wäre es dann auch okay, wenn jemand wegen seiner Meinung entlassen wird, also seine Lebensgrundlage verliert? Am Ende ist auch ein Arbeitsverhältnis nur eine Geschäftsverbindung. Und wenn das in Ordnung ist, schränkt das dann nicht die Meinungsfreiheit ein? Denn vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden, bedeutet noch lange nicht, dass man auch gegen Gesetze verstößt.
Freue mich auf deine Antwort.
Genau das ist das Problem: Wo soll man die Grenze ziehen.
Darf sich ein Copyshop weigern, rechtsradikale Flyer zu drucken? Darf einem NPD-Parteimitglied (ok, eher theoretisch, die lösen sich sowieso gerade auf) aus diesem Grund ein Job in einer Beratungsstelle für Asylbewerber oder in einer Einrichtung der Behindertenhilfe verweigert werden?
Diktaturen haben es in dieser Hinsicht einfacher: Es wird einfach verboten, was dem aktuell Mächtigsten nicht passt, aber als Demokratie haben wir andere Ansprüche an uns selbst – dazu gehört aber auch das Recht jedes Einzelnen, Geschäftsbeziehungen ohne Angabe von Gründen zu verweigern.
Dem steht aber, meiner Meinung nach, das Grundgesetz mit Artikel 3 und 5 entgegen:
Wenn ein Konto wegen der politischen Gesinnung gekündigt wird, grenzt das zum einen die Meinungsfreiheit ein, denn keiner weiß, ab wann man zu weit Link oder zu weit Rechts ist und es verstößt auch gegen Artikel 3, Absatz 3, denn dort steht eindeutig, dass niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden darf.