Jugendarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel passen nicht zusammen
Im Artikel „Investitions-Willen-Mangel“ regte ich mich über den angeblichen Fachkräftemangel auf, den wir angeblich in Deutschland haben. Dazu passend hatte ich vor Kurzem eine Pressemitteilung der CDU im Postfach, die ich hier einmal zitieren möchte.
Sprücheklopfer Gabriel hat sich erneut massiv im Ton vergriffen. Dass er das Thema Jugendarbeitslosigkeit derart schamlos für Wahlkampfzwecke missbraucht, zeugt von ganz schlechtem Stil.
SPD und Grüne zeigen in der Debatte um die Jugendarbeitslosigkeit einmal mehr, dass sie nichts begriffen haben. Wer die Sparanstrengungen in hochverschuldeten Staaten verteufelt und ständig nur nach immer mehr staatlichen Ausgaben ruft, leistet der Jugend in Europa einen Bärendienst. Dass in Deutschland die Jugendarbeitslosigkeit heute nur noch halb so hoch ist wie in Zeiten rot-grüner Regierungsverantwortung, beweist: Solides Haushalten und mehr Wachstum und Beschäftigung gehören zusammen.
Wir stehen zur solidarischen Hilfe in Europa. Das unterstreicht die heutige Konferenz zum Thema Jugendarbeitslosigkeit einmal mehr. Solche Hilfe macht aber nur Sinn, wenn in allen Staaten Anstrengungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unternommen werden.
Die wichtige Erkenntnis habe ich einmal dick markiert. Wir haben Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland! Hätten wir tatsächlich einen Fachkräftemangel und hätten wir gleichzeitig auch Chancengleichheit im Bildungssystem, dann hätten wir keine Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland. Wenn wir es uns leisten können, Jugendliche in der Arbeitslosigkeit zu lassen, kann der Fachkräftemangel in Deutschland nicht wirklich schlimm sein. Wäre das nämlich der Fall, dann würde die CDU viel mehr in das Bildungssystem investieren und sie würde jungen Menschen dabei helfen, sorgenfrei die Qualifikationen zu erlangen, die sie benötigen, um doch in eine Ausbildung zu kommen, damit sie danach den Mangel an Fachkräften ausgleichen können.
Somit ist es auch ein Hohn, wenn die CDU davon spricht, dass Sparanstrengungen wichtig sind, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Durch diese Sparanstrengungen werden nämlich meist die Bildungschancen der einkommensschwachen Schichten verschlechtert, was am Ende dazu führt, dass diese Jugendlichen nicht in eine Ausbildung vermittelt werden können. Jugendarbeitslosigkeit kann nicht durch Sparen bekämpft werden, sondern nur durch Investitionen in das Bildungssystem und durch gezielte Investitionen in Jugendliche, die aus einkommensschwachen Familien kommen.
Wenn wir also wirklich Fachkräftemangel in Deutschland haben, sollte die Regierung alles daran setzen, die Gründe für die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland zu bekämpfen, bevor sie anderen Ländern die Fachkräfte klauen, obwohl diese Länder eigene Probleme haben.
Hierzu passt übrigens auch folgende Pressemitteilung der SPD:
Anlässlich der Veröffentlichung des „Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann-Stiftung erklärt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in der SPD (AfB) Peter Befeldt:
Die gezielte Förderung individueller Fähigkeiten und Talente ist die Basis für mehr Gerechtigkeit in der Bildung, damit nicht mehr länger Herkunft und Geldbeutel der Eltern über Bildungschancen entscheiden. Alle Kinder müssen die gleichen Startchancen haben und zwar von Anfang an. Dazu braucht es ein qualitativ hochwertiges Angebot frühkindlicher Bildung und vor allem auch qualifizierte und motivierte Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas.
Genau daran aber fehlt es noch immer, wie die Studie der Bertelsmann-Stiftung wieder einmal verdeutlicht hat. In vielen Kitas sind aus Personalmangel die Gruppen viel zu groß um eine wirkliche individuelle und gezielte Begleitung gerade auch der unter 3-jährigen zu ermöglichen. Um diesem Missstand zu begegnen, brauchen wir eine Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher, die ebenso eine gute, inklusions- und praxisgerechte Ausbildung des Fachpersonals sicherstellt. Zur Sicherung des Fachkräftebedarfes muss auch das Angebot staatlicher Berufsfachschulen und Fachhochschulen in der Sozialpädagogik gesichert und gestärkt werden, damit die angehenden Erzieherinnen und Erzieher nicht allein auf teure Privatschulen angewiesen sind.
Dies alles kann nicht allein Sache der Länder und Kommunen sein, sondern ist klar und eindeutig eine gesamtstaatliche Aufgabe. Dem aber steht noch immer das Kooperationsverbot im Grundgesetz im Wege. Ein erneuter Beweis dafür, dass dieses endlich fallen muss.
Quelle: Pressemitteilung SPD/ Peter Befeldt: Frühkindliche Bildung stärken – Fachkräfte sichern