Die Berliner SPD und ihr Demokratieproblem
Jan Stöß, Raed Saleh und Michael Müller, das sind die drei Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin. Das entschied die Berliner SPD, die derzeit einen Nachfolger für Klaus Wowereit sucht, der im Dezember sein Amt niederlegen wird. Jetzt dürfen die Mitglieder der Berliner SPD darüber entscheiden, wer am Ende das Amt von Klaus Wowereit übernehmen wird.
Warum nur die Mitglieder der SPD?
Die Berliner Wählerinnen und Wähler dürfen sich jetzt durchaus fragen, warum nur die Mitglieder der SPD über den Nachfolger entscheiden, nicht aber die Menschen, die Herrn Wowereit 2011 bestätigt haben, indem sie der SPD ihre Stimme gaben. Schließlich haben diese Wähler und Wählerinnen weder Jan Stöß gewählt, noch Michael Müller oder Raed Saleh – sie haben ihre Stimme der SPD gegeben, weil diese mit Klaus Wowereit in den Wahlkampf gegangen ist.
Einige SPD-Mitglieder argumentieren jetzt damit, dass die Wählerinnen und Wähler die SPD als Partei gewählt haben und nicht Klaus Wowereit. Damit haben sie technisch gesehen auch recht, aber dann hätten sie im Wahlkampf auf Personen verzichten müssen. Dann hätten sie keinen Wahlkampf für Herrn Wowereit machen dürfen, sondern nur für das Parteiprogramm. Haben sie aber nicht! Deswegen wäre es jetzt nur fair, wenn alle Berlinerinnen und Berliner über den neuen Bürgermeister abstimmen dürften und nicht nur die 17.000 Mitglieder der Berliner SPD.
Dazu ist anzumerken, dass dieselben Mitglieder, die mit dem obigen Argument argumentieren, nach der EU-Wahl darauf gedrängt haben, dass die EVP zu ihrem Spitzenkandidaten stehen soll, obwohl auch bei der EU-Wahl Parteien gewählt werden und keine Personen. Sie argumentierten damals damit, dass die Wählerinnen und Wähler Herrn Juncker gewählt haben, da dieser als Spitzenkandidat der EVP angetreten ist, weswegen die EVP jetzt nicht einfach einen anderen Kandidaten zum Kommissionspräsidenten machen darf. Das würde die Demokratie beschädigen und dazu führen, dass noch weniger Wählerinnen und Wähler bei der nächsten EU-Wahl ihre Stimme abgeben.
Dies scheint aber nur für den politischen Gegner zu gelten. Wenn es um die eigene Partei geht, gelten natürlich nicht ganz so strenge Maßstäbe. Dabei muss es nicht einmal Neuwahlen geben, sondern einfach nur das Angebot an die SPD-Wähler, die nicht Mitglied der SPD sind, ebenfalls an der Wahl des neuen Bürgermeisters teilzunehmen. Hierzu könnte die SPD zentrale Standorte anbieten, an denen die Berlinerinnen und Berliner ihre Stimme abgeben können, nachdem überprüft wurde, dass sie in Berlin gemeldet sind.
Das wäre aber wahrscheinlich zu viel Demokratie für die SPD. Sie übersieht dabei aber, dass sie damit nicht nur Werbung für sich selbst machen könnte, sondern dass sie dadurch auch die Demokratie stärken könnte. Außerdem könnte es auch positive Effekte auf die Wahlbeteiligung bei der nächsten Berlin-Wahl haben. Aber das ist der Berliner SPD natürlich egal, lieber möchte sie diese Möglichkeit dazu nutzen, ein paar Mitglieder für die SPD zu werben.