Egal wie viel jemand verdient, das Streikrecht ist wichtig!
In den letzten Tagen war der Pilotenstreik ein großes Thema in den Medien. Gezeigt wurden meist genervte Fluggäste, die kein Verständnis für den Streik der Piloten haben. Oft wurde angemerkt, dass die Piloten ja jetzt schon genügend Geld verdienen, weswegen der Streik nicht gerechtfertigt ist. Einige fordern sogar, dass das Streikrecht der kleinen Gewerkschaften beschnitten wird, damit nicht ein paar Menschen die Gesellschaft in Geiselhaft nehmen können. Das Schlimme daran ist, dass wohl auch die derzeitige Koalition das Streikrecht der kleinen Gewerkschaften beschneiden will.
Egal wie viel jemand verdient, das Streikrecht ist wichtig!
Dabei vergessen die Meisten allerdings immer, dass wir ohne Streikrecht nicht die Löhne hätten, die derzeit gezahlt werden. Die meisten Löhne würden sich jetzt an der Armutsgrenze befinden, weil die Unternehmen das Ziel haben, die Produktionskosten so gering wie möglich zu halten. Der Produktionsfaktor Arbeit gehört zu diesen Kosten, und wenn der Arbeitnehmer kein Streikrecht hätte, müsste er es hinnehmen, wenn die Unternehmer diese Kosten soweit wie nur möglich absenken.
Dabei ist vollkommen egal, wie viel die Arbeitnehmer schon verdienen, das Streikrecht ist ein Grundrecht jedes Arbeitnehmers und eine Einschränkung dieses Rechtes verschlechtert das Kräfteverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dieses Kräfteverhältnis ist schon durch die vorhandene Arbeitslosigkeit geschwächt, eine weitere Schwächung dürfen die Arbeitnehmer nicht hinnehmen – auch dann nicht, wenn es sich nur um kleinere Gewerkschaften handelt.
Die Propaganda der Medien, welche die Piloten als die „Bösen“ darstellen will, ist einfach nur unerträglich und sollte so nicht hingenommen werden. Viel wichtiger wäre es, wenn sich alle Arbeitnehmer mit den Piloten solidarisieren und den Streik unterstützen. Denn nur so können die Gewerkschaften gestärkt werden, nur so kann sichergestellt werden, dass die Gewerkschaften auch weiterhin für die Rechte der Arbeitnehmer kämpfen können. Dabei sollte natürlich jedem bewusst sein, dass ein solcher Streik immer beim Endverbraucher bemerkbar wird, denn nur so kann er seine Wirkung entfalten. Ein Streik, der beim Kunden unbemerkt bleibt, ist kein Streik, weil er keine Wirkung auf die Unternehmensführung ausstrahlt.
Große Gewerkschaften müssen das Streiken wieder lernen.
Übrigens ist es nicht das Problem der kleinen Gewerkschaften, wenn sie ihren Streik auffälliger gestalten können, als die großen Gewerkschaften. Vielmehr deutet das darauf hin, dass die großen Gewerkschaften nicht ausreichend viele Mitglieder haben, um einen wirklich großen Arbeitskampf zu gestalten. Daran können aber nur die Mitglieder der großen Gewerkschaften etwas ändern, indem sie neue Mitglieder werben. Sie müssen den nichtorganisierten Arbeitnehmern erklären, warum die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft wichtig ist und sie müssen erklären, warum die Gewerkschaften nur dann gute Lohnabschlüsse erzielen können, wenn der größte Teil der Arbeitnehmer organisiert ist.
Für bessere Lohnabschlüsse wäre es nämlich auch hier wichtig, wenn große Gewerkschaften die Unternehmen tatsächlich lahmlegen könnten, wenn sie von ihrem Streikrecht gebrauch nehmen. Denn auch hier gilt, dass der Streik bemerkbar sein muss, dass er auch beim Verbraucher ankommen muss, damit er seine volle Wirkung auf die Unternehmer ausstrahlen kann. Diesen Grad der Organisation erreichen die Gewerkschaften aber schon lange nicht mehr! Sie sind schon lange nicht mehr in der Lage, einen Flächendeckenten Arbeitskampf zu organisieren, bei dem die Verbraucher dann tatsächlich die Dienstleistung oder das Produkt nicht in Anspruch nehmen können. Wenn die Piloten streiken, dann bleiben die Flugzeuge tatsächlich am Boden, wenn das Verkaufspersonal streikt, kann der Kunde am Ende dennoch einkaufen gehen, auch wenn er vielleicht etwas länger an der Kasse benötigt. Und genau hier liegt das Problem und nicht bei den kleinen Gewerkschaften.
Mehr Akzeptanz in der Bevölkerung
Sicher sind Streiks nervig! Schon deswegen, weil sie uns in unserem Leben einschränken. Dennoch sind sie wichtig für jeden, der seinen Lebensunterhalt durch Lohnarbeit verdient. Nur durch einen organisierten Arbeitskampf ist es für die Arbeitnehmer möglich, sich ein etwas größeres Stück vom Profitkuchen abzuschneiden, den die Unternehmer natürlich nur ungern teilen. Und genau deswegen ist es wichtig, dass die Gewerkschaften und der Arbeitskampf in der Bevölkerung eine höhere Akzeptanz erfahren. Nicht die Gewerkschaften sind die „Bösen“, sondern sie helfen dabei, den Wohlstand und Reichtum etwas gerechter zu verteilen. Dass dies den Gewerkschaften in den letzten Jahren immer weniger gelingt, liegt auch an der fehlenden Akzeptanz von Streiks in der Gesellschaft.
Alles, was uns von unserem gewohnten Leben abhält, ist Böse und im schlimmsten Fall fordern wir dann sogar, dass es verboten werden soll. Dabei wäre eine Einschränkung des Streikrechts fatal für uns alle und genau deswegen sollten wir auch den Lokführern und Piloten in unserem Land solidarisch zur Seite stehen und sie nicht dafür beschimpfen, dass sie ihre Rechte wahrnehmen.