Keine Agrarwende im Kapitalismus

Deutsche Verbraucher sind mal wieder im Panikmodus. Grund hierfür sind die vergifteten Eier, die derzeit millionenfach aus den Regalen genommen werden. Plötzlich können es sich viele Menschen wieder leisten, ihre Eier direkt aus der Region auf dem Wochenmarkt oder im Hofladen beim Bauern des Vertrauens zu kaufen. Zurecht wird hier angemerkt, dass die Panik in ein paar Wochen wieder verflogen ist und die Menschen, die eigentlich das Geld für regionale Produkte haben – was ja durch die plötzliche Veränderung des Kaufverhaltens, die nicht durch Verzicht geprägt ist, bewiesen wurde – doch wieder auf die Eier beim Discounter zurück greifen. Oft genug wird dabei auch der Preis der Ware angesprochen, wobei mir dann aber eben die Differenzierung fehlt, denn auch in Deutschland gibt es Millionen von Menschen, die einfach nicht die finanziellen Mittel haben, um auf teurere Produkte zurück zu greifen. Und genau hier liegt das Problem, denn dadurch legitimiert sich das System der heutigen Lebensmittelproduktion. Da hilft auch nicht der Zeigefinger oder der Versuch, dem Konsumenten ein schlechtes Gewissen einzureden.

Die Lebensmittel im Discounter können nur so günstig angeboten werden, weil es einen Massenmarkt dafür gibt, weil nicht nur die Konsumenten diese Lebensmittel kaufen, die darauf angewiesen wären, sondern eben auch die, die sich eigentlich teurere Lebensmittel leisten könnten – weswegen das mit dem schlechten Gewissen auch nicht funktioniert. Nur durch diese Mischkalkulation und durch die vielen Subventionen funktioniert es, dass auch viele ärmere Menschen bei uns keinen Hunger erleiden müssen, wobei es natürlich auch in Deutschland immer noch Menschen gibt, die trotz dieser Mechanismen hungern müssen, wodurch eine weitere Legitimierung für die Lebensmittelproduzenten entsteht, noch preiswerter produzieren zu wollen. Und solange wir ein kapitalistisch geprägtes Wirtschaftssystem haben, werden wir aus dieser Art der Lebensmittelproduktion nicht entkommen.

Kleinbauern bräuchten ein anderes Wirtschaftssystem

Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Wende in der Lebensmittelproduktion nur dann gelingen kann, wenn die Legitimierung für die jetzige Produktionsweise fällt. Kleinbauern müssten es schaffen, die Menschen, mit geringen Einkommen, mit Lebensmitteln zu versorgen und gleichzeitig dadurch ihre eigene Existenz zu sichern. In einem kapitalistisch geprägten Wirtschaftssystem wird das aber nicht gelingen.

Selbst wenn die Entwicklung jetzt zu mehr lokalen Produkten gehen sollte, muss die Produktion so gestaltet werden, dass sie für den Massenmarkt tauglich ist, denn in einer Region leben ja meist mehrere Millionen Menschen und sie müsste zumindest soweit subventioniert werden, dass sich auch die Menschen mit geringen Einkommen diese Produkte leisten können. Kurz gesagt, es wird auch dann Großbetriebe geben und die Kleinbauern werden auch dann keine wirkliche Chance haben, um in diesem Wettbewerb zu überleben. Klar, die Produkte sind dann aus der Region, was für den Klimaschutz durch die kürzeren Transportwege super wäre, aber an den Grundvoraussetzungen der Lebensmittelproduktion hat sich dann nicht viel geändert.

Wer eine wirkliche Wende will, der muss sie tatsächlich von unten in Gang setzen. Und mit „von unten“ ist gemeint, dass sie durch die Menschen mit geringen Einkommen gestartet werden muss. Der Kleinbauer und der Mensch mit geringen Einkommen muss zusammenkommen. Gemeinsam müssen sie ein solidarisches Wirtschaftssystem entwickeln, mit dem die Existenz von beiden Seiten gesichert wird. Ein faires und gleichberechtigtes System, in dem beide Akteure auf Augenhöhe sind und niemand den anderen unter Druck setzen und somit Ausbeuten kann. Alles andere wird – meiner Meinung nach – nicht funktionieren.

Wer jetzt mit dem solidarischen Bauernhof kommt, der seine Existenz ja durch Menschen sichert, die jährlich bereit sind, einen bestimmt Betrag an die Bauern zu zahlen, hat das Problem noch nicht verstanden. Denn dieses System grenzt nicht nur Menschen mit einem geringen Einkommen aus, es schafft auch wieder ein ungleiches Verhältnis zwischen Bauern und Kapitalgebern. Wenn die Kapitalgeber mehr wollen, als der Bauer leisten kann, können sie ihre finanzielle Unterstützung einfach wieder einstellen und so den Bauern unter Druck setzen, der durch dieses Verhalten nämlich wieder in seiner Existenz bedroht wäre. Das ist nicht das System, was ich meine und es beseitigt auch nicht die oben genannte Legitimierung der derzeitigen Lebensmittelproduktion. Klar ist es ein Modell für Menschen mit ausreichend finanziellen Spielraum, um sich ein gutes Gewissen zu „erkaufen“ und einem Kleinbauern beim überleben zu helfen, aber es ist ein Modell für das heutige kapitalistische Wirtschaftssystem und somit nur ein Nischenprodukt.

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